Wenn Nichtstun durchaus sinnvoll ist

Ich trage eine Vielzahl an Ideen mit mir herum. Viele kann ich unterdrücken, bis sie von selbst verschwinden. Andere spuken ewig in meinem Kopf umher. Doch nur, weil mich die Umsetzung einer Idee reizt, muss das Ergebnis nicht gleich sinnvoll sein. Das klingt schön rational, ist aber im sehr oft emotionalen Gründeralltag alles andere als einfach zu realisieren. Gerade habe ich eine dieser vielen Ideen erfolgreich aus meinem Fokus verschoben und mich durch das Nichtstun weiter nach vorne gebracht. Wie ich das angegangen bin und mich davon überzeugen konnte, lest ihr in diesem Artikel.

Aus allem gleich ein „Projekt“ machen

Meine eigenen Web-Projekte wachsen und damit auch die Anforderungen, die sich an die Software stellt. Als Programmierer kann ich diese meist selbst umsetzen und benötige keine externe Unterstützung. Mittlerweile sind so schon viele nützliche Plugins für WordPress entstanden, von denen ein Teil in meinem Profil auf wordpress.org kostenfrei zur Verfügung steht. Bei fast allen solchen Entwicklungsprojekten denke ich zunächst daran, eine Lösung zu entwickeln, die universell einsetzbar ist. Häufig führt das jedoch zu einem höheren Anspruch an die Software und damit einem größeren zeitlichen Aufwand.

Ein Beispiel dafür ist die Optimierung von Anzeigenwerbung, mit der ich mich besonders im Rahmen der webgilde befasse. Schon länger stehen dabei verstärkt Anzeigentests in meinem Fokus. Diese lassen sich sehr gut mit Plugins umsetzen, die jedoch nicht immer das erfüllen, was ich gerade brauche. Daher trage ich eine Vielzahl an Ideen für nützliche Plugins mit mir herum. In meinem Kopf sind diese auch schon fertig. Sie müssen „nur“ noch entwickelt werden.

Ideen reifen lassen

Seit die Idee zu einem eigenen Anzeigenplugin aufkam, habe ich eines besonders richtig gemacht: ich habe nicht sofort mit der Programmierung begonnen. Stattdessen habe ich mir ein Dokument angelegt, in dem ich alle Gedanken, die meist spontan Tag und Nacht eintrudelten, gesammelt habe. Erst kürzlich habe ich diese Gedanken gesichtet und sortiert. Diese Sortierung hat dazu geführt, dass mir bewusst wurde, dass die Umsetzung aller Ideen in der ersten Version kaum sinnvoll und vor allem zeitlich nicht möglich sein wird. Allein diese Feststellung führte dazu, dass mir in der Folgezeit verstärkt plötzliche Geistesblitze über die wesentlichen Funktionen des Plugins erschienen.

Wo ist der Eigennutzen?

Die Sortierung meiner Gedanken holte mich ebenfalls etwas auf den Boden der Tatsachen zurück und machte mir bewusst, dass ich zunächst an meinen eigenen Nutzen denken sollte. Es hatten sich bis dahin schon sehr viele Funktionen eingeschlichen, die ich für ziemlich cool hielt, sie aber selbst nicht unbedingt benötigte. Ich habe nun nicht nur diese Funktionen zurückgestellt, sondern mir noch einmal bewusst gemacht, welches Ziel ich mit dem Plugin eigentlich verfolgte. Die Funktionen hatten teilweise schon so ein Eigenleben entwickelt, dass ich schon darüber nachdachte, wie ich sie optisch gestalten würde, statt ob sie noch zur Erreichung meines Hauptziels, die Steigerung von Werbeeinnahmen, beitrugen.

Alternativen liegen oft sehr nah

Der bisher beschriebene Prozess der Sortierung der Gedanken, Reduzierung der Funktionen und die Bewusstmachung der eigentlichen Ziele wurde durch einen glücklichen Umstand begleitet: die Lektüre des Buches Rework von Jason Fried und David Heinemeier-Hansson. Meine Vorüberlegungen wurden an einem Abend noch einmal komplett geprüft und ich kam zum Schluss, dass ich kaum eine Eigenentwicklung benötigte, sondern die Ziele auch mit teilweise geringen Anpassungen meiner bereits entwickelten Software und der bereits eingesetzten externen Programme realisieren konnte. Diese Feststellung führt nur kurz zu einem leichten Knick meiner Entwicklereuphorie, sondern setzte sofort eine positive Energien frei als mir bewusst wurde, welche wichtigen Aufgaben ich nun in der virtuell freigewordenen Zeit erledigen konnte.

Denk an die Folgekosten

Eine weitere Überlegung führt nun dazu, dass ich die Entscheidung, die Lösungen für den Eigenbedarf klein zu halten, nicht plötzlich wieder umwerfe. Ein Projekt besteht aus deutlich mehr als aus der reinen Entwicklung, egal ob es sich um die Programmierung einer Software, die Ausarbeitung einer Dienstleistung oder die Einrichtung eines Ladengeschäftes handelt: der auf die Entwickung folgende Alltag besteht aus Marketing. Wenn mich die Entwicklung einer Software vielleicht eine Arbeitswoche kostet, so benötigt deren Pflege, Vermarktung und sämtlicher Kommunikationsaufwand drumherum um ein Vielfaches mehr Zeit. Diese Zeit habe ich aktuell nicht und möchte andere funktionierende Projekte nicht dadurch gefährden, dass ich mir unkalkulierbare Zeitfresser anlächele.

Mit welchen Überlegungen trennt ihr euch von Projekten? Habt ihr Empfehlungen für mich und andere Gründer? Ich freue mich auf eure Kommentare.