Was bedeutet “An die Börse gehen” für Gründer?

Ich habe kürzlich eine Veranstaltungsreihe zum Handeln an der Börse besucht. Während diese zwar die Sicht eines Anlegers betrachtete, haben sich bei mir einige Fragen aus Sicht eines Unternehmers aufgetan. Warum sollte ich eigentlich “an die Börse gehen”? Als Gründer ist der praktische Börsengang zwar noch kein Thema, sollte aber durchaus schon einmal als langfristige Option bedacht werden. Ein paar Fragen und Anregungen dazu versuche ich in diesem Beitrag aufzuwerfen.

Was bedeutet “An die Börse gehen”?

Kurz gefasst ist mit “an die Börse gehen” gemeint, dass ich Anteile an meiner Aktiengesellschaft (AG) an einem Handelsplatz verkaufe. Davor brauche ich also eine AG mit einem Grundkapital von mindestens 50.000 € und dann entscheide ich mich, die Anteile nicht selbst zu verkaufen, sondern sie öffentlich handelbar zu machen.

Börsengang zur Geldbeschaffung?

Als Hauptgrund für den Börsengang wird immer die Kapitalbeschaffung angegeben. Als Gründer ist das jedoch meiner Meinung nach nicht der Hauptgrund an diesen zu denken. Das liegt schlicht und einfach daran, dass noch gar keine Masse da ist, die ich verkaufen kann. Der Anfangskurs einer Aktie ist nämlich stark von meinem Unternehmenswert abhängig und der ist bei kleinen Unternehmen nun eben bescheiden. Hier sind Investoren jeglicher Art – von Friends & Family bis hin zu Venture Capital – die bessere Wahl, weil sie in den potentiellen Wert investieren.

Bei der Geldbeschaffung sollten aber immer auch die Kosten eines Börsenganges berücksichtigt werden. Zunächst fallen schon vor dem eigentlichen Handel einer Aktien bis zu 10% des Werts des Börsenganges an Kosten für die Vorbereitung an. Danach müssen Anleger, Aufsichtsbehörden und die Öffentlichkeit unterhalten werden. Wer dann als Gründer nach dem Börsengang weniger Anteile hat als vorher, behält auch einen kleineren Kuchen vom Gewinn.

Börsengang als Exit

Wenn der gerade erwähnte Investor investieren soll, dann will er nicht nur sehen, dass seine Investition dazu führt, dass der Wert des Unternehmens wie prognostiziert steigt, sondern auch, wie er an sein Geld kommt. Denn ein Anteil an einer Firma ergibt für viele Investoren erst Sinn, wenn daraus wieder Geld wird. Doch wer gibt ihm das Geld für seine Anteile?

Neben dem Verkauf der Anteile an ein anderes Unternehmen – häufig ein größerer Wettbewerber der die Firma übernehmen will – gibt es die Möglichkeit eines Börsenganges. Dabei werden die Anteile des Investors in Aktien umgewandelt und er kann selbst entscheiden, wann er wie viele davon verkaufen möchte.

Auch die Gründer selbst können natürlich dann freier entscheiden, wie tief sie noch an ihrem Unternehmen beteiligt sein möchten oder ob sie sich mit frei werdendem Kapital neuen Aufgaben widmen.

Börsengang als Marketing

Auf Listen mit Vor- und Nachteilen eines Börsenganges taucht das Marketing häufig als Randnotiz auf. Ich bin der Ansicht, dass der ein oder andere hier vielleicht mehr rausholen kann. Abgesehen von ihrem “Erfolg”, so war der Börsengang der Telekom sicherlich das in Deutschland größte Marketingereignis dieser Art.

Aktuell sehe ich, wie Facebook aufgrund seines Börsenganges auch in Medien oder von Leuten diskutiert wird, die nichts mit dem sozialen Netzwerk zu tun haben.

Aktien ohne Börsengang

Aktien für sein Unternehmen auszugeben, kann auch ohne Börsengang Vorteile haben. Während ich für meine GmbH im Falle eines Anteilsverkauf an Investoren jedes Mal zum Notar gehen und die Anteile ins Handelsregister eintragen lassen muss, könnte ich bei einem Aktienunternehmen schneller auch kleine Anteile verkaufen. Diesen Vorteil könnte ich auch für die Mitarbeiterbeteiligung nutzen und unkompliziert Anteile zur Mitarbeiterbindung ausgeben.

Identifikation entscheidet mit

Es lassen sich viele praktische Argumente für und wider einen Börsengang auflisten. Ich persönlich komme immer wieder an die Stelle, dass ich einen Börsengang mit einer Entfernung meiner Selbst vom Unternehmen gleichsetze. Strategisch mag es für Manager eine gute Entscheidung sein, aber wer als Gründer mit einer bestimmten Geschäftsidee seinen Traum lebt, wird mit einem Börsengang emotional Schwierigkeiten haben. Auch das sollte bedacht werden, wenn man zu Beginn der Gründung schon über die langfristige Strategie der Finanzierung nachdenkt.