Wenn die eigene Arbeit einen Preis hat

Als junger Gründer habe ich häufig den Fehler gemacht, meiner eigenen Zeit keinen Preis zuzuordnen. Mit Preis meine ich ein Honorar, das ich mir virtuell in Rechnung stelle. Im Folgenden schildere ich, wie mir die Bemessung meiner eigenen Arbeitszeit mit einem Preis dabei hilft, den Gründeralltag besser zu bewältigen.

Welchen Preis habe ich?

Zeit ist nicht unendlich

Ob Schüler, Student oder junger Gründer, die größte Ressource, die wir in diesen mittellosen Jahren haben ist unsere Zeit. Wenn ich eine Idee spannend finde, dann war es für mich trotz äußerer Verpflichtungen gefühlt sehr leicht, eine Menge dieser Ressource aufzutreiben und in ein Projekt zu stecken. Mittlerweile muss ich feststellen, dass meine Zeitreserven geringer werden. Als Webentwickler setze ich einen Teil der Ressource Zeit in die Ressource Geld um. Doch auch die Ressource Kontakte hat mich schon häufig weitergebracht.

Bei vielen weiteren Projekten stecke ich mangels monetärer Ressourcen immer noch viel Zeit rein und merke zunehmend, wie ich dabei an meine Grenzen stoße. Das sind praktisch 14 Stunden, effektiv 10-12 Stunden am Tag.

Opportunitätskosten

In einem VWL-Kurs an der Uni habe ich einmal das Prinzip der Opportunitätskosten kennen gelernt. Dabei handelt es sich um Einnahmen, die mir entgangen sind, weil ich eine Gelegenheit nicht wahrgenommen habe. Konkreter gesagt: Wenn ich mich jetzt entschließe zwei Stunden spazieren zu gehen anstatt an einem Kundenauftrag zu arbeiten, dann habe ich Opportunitätskosten in Höhe des Honorars von zwei Arbeitsstunden.

Was in der Theorie sehr einfach klingt, ist in der Praxis sicherlich etwas komplexer, da ich ja nicht für jede Stunde eines Tages die Entscheidung zwischen Arbeit oder Freizeit treffe, da irgendwann die Konzentration einfach weg ist. Dennoch sollte das Grundprinzip helfen, den Wert der eigenen Arbeit besser verstehen zu können.

Ermittlung der Opportunitätskosten

Wie der Name schon vermuten lässt, bestimmen sich die Opportunitätskosten generell durch die Einnahmemöglichkeiten, wenn ich einer erträglichen Tätigkeit nachgehen würde. Dabei halte ich es aber für sinnvoll, realistisch zu bleiben. Ich könnte mir natürlich einen horrenden Stundensatz vorstellen oder mir die Opportunitätskosten für die Karriere eines DAX-Managers vorstellen. Realistischer sind Tätigkeiten, die mittelfristig entsprechend der eigenen Qualifikation aufgenommen werden können, also ein Kellnerjob als Student oder in meinem Fall die Entwicklung von Magento-Shop.

Ich hatte oben schon angedeutet, dass der Preis nicht ganz linear ist, da ich z.B. nicht 24 Stunden am Tag arbeiten kann. In der Realität gibt es natürliche Grenzen z.B. menschlicher Produktivität und damit kann der Preis für Arbeitszeit auch flexibel sein. Ein alltägliches Beispiel sind Wochenend- oder Nachtarbeitsaufschläge. In meinem Fall sind es dringende Anfragen von Kunden für die ich entweder länger arbeiten oder bestehende Aufträge zurückschieben muss. Beide Fälle sind mir eher unlieb und um es überhaupt zu erwägen, sollte der Anreiz im Honorer deutlich höher sein. Doch diese Betrachtung wäre für sich noch einen eigenen Beitrag wert.

Hilfe, ich habe ein Preisschild

Wozu kann die Zuordnung eines Preises für meine Zeit nun sinnvoll sein? Ich habe da verschiedene Erfahrungen gemacht.

Arbeit auslagern

Wenn wir als Gründer gefühlt „nur“ Zeit, aber kein Geld haben, dann machen wir einfach alles selbst. Dass wir vieles nicht können, ist ganz normal und daher erledigen wir die meisten Aufgaben ineffizient. Ich würde das sogar als schlechtes Preis/Leistungs-Verhältnis bezeichnen. Dazu zwei Beispiele aus meinem Alltag.

Ich lasse meine Steuerunterlagen von einem Steuerberater erledigen. Das kostet mich zwar etwas Geld, aber die Zeit, die ich für die Rechnung des Steuerberaters arbeite ist kürzer als die Zeit, die ich über den Formularen oder mit Problemen mit dem Finanzamt verbringen würde. Gleichzeitig wäre er gut beraten, sich seine Webseite von mir programmieren zu lassen. Dahinter steckt einfach die Frage der Effizienz.

Die Auslagerung von Arbeit funktioniert entsprechend des Verhältnisses von Preis zu Leistung aber auch, wenn jemand anderes weniger effizient arbeitet, dafür aber geringere Kosten verursacht. Im Moment lagere ich zum Beispiel Recherchen für eine neue Produktidee an eine Studentin aus. Ich habe dabei zwar großes Vertrauen in ihre Fähigkeiten, diese sind aber aufgrund dessen, dass sie nicht mein genaues Wissen um die Anforderungen mitbringt, weniger produktiv als ich. Doch durch die verhältnismäßig geringen Kosten für Ihre Arbeit kann sie sogar doppelt so viel Zeit benötigen wie ich und bringt mir dennoch einen Vorteil. In der Volkswirtschaftsleere wird das am Beispiel von miteinander handelnden Ländern unter dem Begriff Komparativer Kostenvorteil schon in den Einstiegskursen unterrichtet.

Wer zum Thema Outsorcing noch ein Beispiel aus der Praxis sucht, der findet bei Tim Ferris‘ Die 4-Stunden Woche sicherlich Anregungen.

Prioritäten setzen

Meistens ist meine todo-Liste zu voll, um alles zeitnah abzuarbeiten. Da heißt es dann, Prioritäten zu setzen. Mit dem Wissen, dass meine eigene Arbeit auch Ihren Wert hat, lässt sich das noch leichter bewältigen. Ich kann dann einfach jede Tätigkeit mit einem potentiellen Outcome versehen und wenn ich feststelle, dass dieser nicht erreicht wird, dann vielleicht ganz auf diese Tätigkeit verzichten.

Leider ist das nicht ganz so einfach, da viele Tätigkeiten erst später ihren Wert offenbaren. Davon betroffen sind praktisch alle Tätigkeiten in der Programmierung eigener Projekte oder im Marketing. Hier gilt es zumindest die Opportunitätskosten im Auge zu behalten.

Vielleicht hilft der eigene Preis aber auch dabei, die Limits zu setzen. So kann für ein Projekt ein virtuelles Marketingbudget von 200 € pro Monat gesetzt werden und je nach eigenem Stundenlohn werden dann halt 5 oder 10 Stunden daran gearbeitet. Auch das hilft bei der Überlegung, die Arbeit auszulagern oder statt der eigenen Arbeit externe Produkte einzukaufen.

Noch ein Gedanke aus meinem Alltag: auch Fahrzeiten haben einen Wert. Es gilt sie also effektiv zu nutzen oder der Outcome der Fahrt ist entsprechend hoch.

Erfahrungen haben einen Wert

Es mag dem ein oder anderen schnell die Frage kommen, ob eine bestimmte Tätigkeit wirklich einen Wert hat. Bei der genaueren Überlegung würde ich das immer bejahen. Wie schon erwähnt, zeigt sich der Wert wie im Falle von Werbung manchmal erst später und kann zum Zeitpunkt der Handlung auch noch nicht bemessen werden. Hier hilft Erfahrung.

Überhaupt würde ich behaupten, dass Erfahrung, ob die eigene oder die glaubhaft von anderen geteilte, einen hohen Wert hat, denn sie hilft dabei, zukünftige Fehler zu vermeiden. Nicht zuletzt aus diesem Grund schreibe ich an Gruenderstory.de und hoffe auf rege Beteiligung.

Was seid ihr euch Wert? Ist das Denken in Opportunitätskosten und Komparativen Kostenvorteilen hilfreich oder für euch zu abstrakt? Wo liegen die Stolpersteine in eurem Gründeralltag?

2 Gedanken zu „Wenn die eigene Arbeit einen Preis hat“

  1. Guten Tag

    Dass Einsteiger den Wert der eigenen Leistung meist unterschätzen, bekommen wir immer wieder zu spüren: Unsere Plattform liefert auf Basis einer umfangreichen Erhebung die Preise für die Website Erstellung und gibt den Durchschnittspreis als Empfehlung ab. Gerade viele Jungdesigner schätzen die Preisempfehlung als zu hoch ein und beschweren sich über die zu hohe Berechnung.

    Viele Grüsse

    • Richtig, das ging mir in den Anfängen nicht anders. Da hilft aber die Erfahrung von und der Austausch mit Kollegen, um schnell auf den richtigen Pfad zu kommen 🙂

      Ich habe Ihren Kostenkalkulator mal anhand eines anstehenden Projektes (Webshop) getestet. Als Budget wurden mir 4.300 – 6.100€ angegeben. Das entspräche auch meiner Kalkulation. Meinen Kunden würde ich Ihre Webseite aber nicht zur Kalkulation empfehlen, sondern damit sie sehen, dass die Planung einer Webseite mit vielen Entscheidungen zu tun hat und sehr komplex ist. Die Angebotserstellung geht am Ende nicht ohne Beratung und ein individuelles Angebot.

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