Mein erstes Unternehmen – in der 6. Klasse

Beim Gründen denken wir oft zunächst an die Absicherung unserer Existenz, an bestimmte erfolgreiche Gründer oder StartUps. Ich selbst habe lange Zeit ignoriert, dass Entrepreneurship nicht immer hohe Ziele verfolgen muss und auch in kleinen Projekten steckt. Irgendwann habe ich mich erinnert, dass ich mein erstes Unternehmen schon in der 6. Klasse geführt habe – ohne es als solches zu verstehen. Das hat mir gezeigt, dass es nicht viel braucht um erfolgreich zu gründen.

Back to the roots

Als ich vor einigen Jahren in einer Gründungskrise steckte und sich der Erfolg in einem Projekt nicht wie erwartet einstellte, zweifelte ich stark an meiner Fähigkeit als Gründer. Vielleicht war ich einfach nicht der richtige Typ und sollte mir eher eine Festanstellung suchen. Ein Artikel über Stephan Uhrenbacher, der damals qype gründete, hat mich ursprünglich auf das Thema dieses Artikels gebracht. In diesem erwähnte er, dass er schon zu Schulzeiten PCs verkaufte. Dadurch habe ich mich erinnert, dass auch ich bereits in Schulzeiten erfolgreich unternehmerisch tätig war. Das hat mich damals wieder motiviert und mich zum Durchhalten motiviert. Das am Ende eingefügte Video mit dem Thema der Unbekümmertheit war dann der ausschlaggebende Grund, dieses Thema auch hier einmal aufzugreifen.

Fußballsammelkarten

Ich war nie ein großer Fan von Bundesligafußball. Ich hatte meine Lieblingsmannschaft, ein paar Fanartikel, sammelte Dosen mit den Logos der Mannschaften, war damit aber weit hinter meinen begeisterten Klassenkameraden zurück. Entsprechend trafen mich auch eher kurzzeitige Moden nicht so schnell. Eine davon lag in Sammelkarten und -alben. In diesem speziellen Fall geht es um Aufkleber mit den Portraits aller Spieler der 1. Fußballbundesliga (über 300), die in ein Sammelalbum eingeklebt wurden. Diese Aufkleber wurden in verschlossenen Verpackungen verkauft. Ich glaube, es waren damals je 5 Stück zu einem Preis von 0,70 D-Mark.

Der Verkauf in verschlossenen Verpackungen führte dazu, dass die Käufer zunehmend doppelte Karten hatten. Auf der anderen Seite gab es Aufkleber, die, vom Hersteller beabsichtigt oder nicht, eher selten aufkamen und daher von vielen Sammlern gesucht wurden. Entsprechend entwickelte sich unter den Mitschülern und im Schulbus wie von selbst ein Tausch und Handel mit den doppelten Karten.

Unternehmertum als Ziel

Ich bin immer ein sparsamer Mensch gewesen und habe mich deshalb zunächst nicht für Sammelkarten interessiert. Mich schreckte es ab nicht zu wissen, wie viel Geld mich eine vollständige Sammlung kosten würde.

Ich weiß nicht mehr, was mich damals konkret motiviert hat, in das Sammelkartenbusiness einzusteigen. Auf jeden Fall waren schon alle dabei und ich konnte den Handel vorher eine Weile beobachten. Wahrscheinlich war es die Beobachtung der Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis.

Konkret erfolgte mein Einstieg mit dem Kauf eines größeren Stapels von Aufklebern, den ich zum Preis von im Schnitt unter dem Neupreis von 0,14 Pfennig pro Aufkleber erwerben konnte. Danach ging alles recht schnell. Ich verkaufte einzelne Aufkleber und kaufte von dem Erlös weitere Stapel. Recht schnell wusste ich auch, welche Aufkleber besonders begehrt waren und konnte mich auf die Suche nach eben diesen machen.

Einfach anfangen

Ich habe damals nichts neues erfunden. Das Produkt war weitgehend bekannt und Angebot und Nachfrage geklärt. Die Märkte, also die Orte für den Austausch, gab es schon und die Preise waren stabil. Ich musste nichts neu erfinden und war lediglich der einzige den ich kannte, der den Handel mit den Aufklebern gezielt verfolgte. Jeder andere hätte das auch machen können, hat es aber nicht. (vgl. einfach anfangen)

Das Business entwickeln

Natürlich hat sich der Handel mit der Zeit auch etwas verändert. Es sprach sich herum, dass ich eine besonders große Auswahl an Aufklebern führte und mich um bestimmte Aufkleber besonders bemühte. Ich wurde also zunehmend zum Markt selbst. Natürlich wurde mir das dank fehlender Alternativen (niemand hatte Internet und eBay gab es noch nicht) erleichtert. Ich wusste, wer welche Aufkleber suchte, wer welche zum Verkauf anbot oder wer ganze Sammlungen abstoßen wollte. Dabei blieben meine Kontakte nicht mehr nur auf Schulbus und eigene Klasse begrenzt, sondern erweiterten sich auch über andere Jahrgänge. Ich habe in der Zeit sehr viele Leute kennengelernt, die mir meine gesamte Schulzeit über erhalten blieben.

Buchführung

Einer der interessantesten Aspekte den ich im Rückblick feststelle ist sicherlich der, dass ich sehr früh mit eine eigenen Buchführung begonnen hatte. Die bestand quasi aus einem kleinen Block, den ich immer mit mir herumführte und in dem ich Ein- und Ausgaben notierte. Also quasi eine Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Dabei wusste ich damals noch nicht einmal was das war oder wie man eine EÜR führte. Allein mein Interesse hat dazu geführt, dass ich quasi Bücher angelegt und geführt habe. So konnte ich mein eigentliches Ziel, etwas Geld zu verdienen, stets evaluieren.

Umsatz erwirtschaftet

Als die Nachfrage schließlich versiegte und der Verkauf der Aufkleber eingestellt wurde, hatte ich ein Plus von ca. 100 D-Mark erwirtschaftet. Das war ca. der doppelte Wert eines Sammelalbums bei optimalem Einkauf und ist gemessen daran, dass ein Einzelaufkleber im Einkauf 0,14 D-Mark kostete, nicht nur für einen 6-Klässler imposant. Ich besaß zudem selbst ein vollständiges Album und noch einen Haufen weiterer Aufkleber. Alles habe ich viele Jahre später auf eBay für weitere 40€ verkauft.

keine Fortsetzung

In den folgenden Monaten und Jahren habe ich mit quasi allem gehandelt, was ähnlicher Natur war. Sammelkarten verschiedener Sportarten und die Aufkleberserie des Folgejahres. Ich kam aber nicht an den früheren Erfolg heran, weil mich die Lust an dem Thema verlassen hatte. Es gehört halt mehr als das Interesse am Geld dazu, ein erfolgreiches Unternehmen zu führen.

Die Lektion

In der Retrospektive sehen viele Dinge von damals natürlich ganz anders aus. Ich hatte mit 13 Jahren aber keine Ahnung von Unternehmertum und habe Dinge einfach so gemacht, wie ich sie für richtig hielt. Neugierde, ein Hang zu Zahlen und eine gute Auffassungsgabe waren das einzige, was ich bei der Gründung mitbrachte. Ich habe das Unternehmen damals nicht als solches aufgefasst und vermute, dass genau das zum Erfolg beigetragen hat. Ich hatte Lust etwas zu tun und mich nicht von zu vielen Vorüberlegungen abhalten lassen.

Diese Geschichte hat mir selbst geholfen, eine Gründung mit anderen Augen zu sehen. Die Gründung muss zum einen zu einem passen und zum anderen Spaß machen. Weiterhin sollte man sich das Gründen nicht zu komplex vorstellen und sich von vornherein in zu vielen Baustellen verlieren. Mir ist aber genau das passiert. Doch nicht immer gehören komplizierte Businesspläne, Mitarbeiter oder Investitionen dazu. Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht natürlich darin, dass eine frühe Gründung den Vorteil mit sich bringt, dass es weniger Verpflichtungen im eigenen Leben gibt.

Ich frage dieses Mal nicht nach euren Kommentaren. Geht einfach mal in euch und überlegt, an welcher Stelle ihr vielleicht selbst schon als Unternehmer tätig ward, ohne es so gesehen zu haben. Vielleicht hilft euch diese Vorstellung so wie mir.

Bildquellen

  • Endlich in die Schule!: Mit freundlicher Unterstützung meiner Oma